Zwischen der Patentierung und der Verfügbarkeit von Arzneimitteln für Patientinnen und Patienten vergeht im Durchschnitt eine Zeitspanne von zwölf Jahren. Daraus ergibt sich eine effektive Restnutzungsdauer pharmazeutischer Patente von im Mittel kaum acht Jahren. Da nach Ablauf des Patentschutzes Wettbewerber Arzneimittel mit demselben Wirkstoff oder mit ähnlichen Wirkstoffen als Generika beziehungsweise Biosimilars herstellen und vertreiben dürfen, leisten Originalpräparate nach Patentablauf im Allgemeinen nur noch einen geringen, im Extremfall keinen Beitrag mehr zur Amortisation von Forschungs- und Entwicklungskosten. Daher dienen ergänzende Schutzzertifikate (SPC) innovativen Arzneimittelherstellern als ein bedeutendes Instrument, um die wirtschaftlichen Folgen (technologisch und regulatorisch bedingter) langer Zulassungsverfahren (gänzlich oder teilweise) zu kompensieren.
Ökonomische Analysen von Immaterialgüterrechten in der Pharmaindustrie erfordern eine Einbettung in den jeweiligen europäischen und nationalen Rechtsrahmen, um zu gewährleisten, dass die Ergebnisse der verschiedenen ökonomischen Herangehensweisen mit den jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen korrespondieren. Das Patentsystem mit seiner positiven Sanktionierung von Innovationsaktivitäten in Form der exklusiven wirtschaftlichen Nutzung derselben für eine festgelegte Zeitspanne dient dazu, trotz unvollständig appropriierbarer Erkenntniszuwächse Anreize für Forschung und Entwicklung zu setzen und damit zum medizinischen Fortschritt beizutragen. Zudem erfüllen Patente eine Offenlegungsfunktion: Die bestehende Grenze des technischen Fortschritts wird dokumentiert, sodass redundante Anstrengungen minimiert (wenngleich nicht gänzlich ausgeschlossen) werden.
Wirtschaftlich gewährt ein Patent eine theoretische Erlaubnis zur ausschließlichen, also monopolmäßigen Nutzung der betreffenden Immaterialgüterrechte, jedoch konkurrieren patentgeschützte Arzneimittel in den betreffenden Indikationen mit anderen (ebenfalls geschützten) Arzneimitteln. Zudem ist ein Wirkstoff beziehungsweise Medikament faktisch vorlaufend zuzulassen, bevor relevante Einkommensströme daraus generiert werden können, wenn man vom Handel mit Lizenzen und anderen Verwertungsmöglichkeiten während der Pre-Product-Phase absieht.
Die laufenden Forschungsarbeiten beabsichtigen, auf der Grundlage ökonomischer Analysen unter Berücksichtigung der erforderlichen Anreize für Forschung und Entwicklung im Bereich innovativer Arzneimittel auf juristischer Ebene evidenzbasierte Ableitungen zu veränderten Ausgestaltungsmöglichkeiten der ergänzenden Schutzzertifikate zu ziehen.